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Geschichte der Stadt Wiesloch

Merian-Stich, etwa 1645

Vorgeschichte

Gallorömischer Umgangstempel, 2. Jahrhundert nach Christus. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Fruchtbare Böden und günstige klimatische Bedingungen lockten bereits in vorgeschichtlicher Zeit (mittlere Bandkeramik, um 5300 v. Chr.) Menschen auf die heutige Gemarkung von Wiesloch. Eine flachgewölbte Hügelkuppe bot den damaligen Siedlern Schutz, Übersicht und Nahrungsgrundlage. Diese lag etwa 2,5 km westlich des heutigen Ortskerns im Gewann Weinäcker. Dort findet sich auch ein größeres Dorf der Urnenfelderzeit (1200 - 850 v. Chr.). Vermutlich wegen einer Klimaverschlechterung und den dadurch verursachten Überschwemmungen mussten die Siedler ihre Wohnstätten am Rand der Rheinebene verlassen. Sie suchten sich wohl günstigere Lebensräume im hügeligen Kraichgau.

Einzelfunde fast aller Kulturen der Stein-, Bronze- und Eisenzeit finden sich aber über die gesamte Gemarkung verstreut.


Römische Zeit (ca. 115 - 260 n. Chr.)

Ein weiterer Schwerpunkt der Siedlungsfunde stammt aus der römischen Epoche. Um 115 n. Chr. schufen neue Siedler auf der besagten Hügelkuppe die Grundlage für die Entstehung eines über 6 Hektar großen römischen Vicus, also einer Landstadt. Ausdehnung und Funde weisen darauf hin, dass diese Ortschaft eine Mittelpunktsfunktion einnahm. Hier konnten ihre Einwohner als Händler und Handwerker im Laufe von 150 Jahren einen gewissen Wohlstand entwickeln. Bei Plünderungszügen im frühen 3. Jahrhundert wurde die Siedlung fast völlig zerstört und nach dem Fall des Limes um 260 n. Chr. aufgegeben.

Von den 70er Jahren des 1. Jahrhunderts bis ins 3. Jahrhundert bestand nördlich von Wiesloch ein Blei-Zink-Silberbergwerk, und mit ziemlicher Sicherheit ist die Erwähnung in der um 75 n. Chr. entstandenen "Naturgeschichte" von Plinius d. Ä., dass "kürzlich in Germanien Zinkerz gefunden worden sei", auf unsere Gemarkung zu beziehen. Somit wäre Wiesloch die älteste literarisch genannte Erzlagerstätte Deutschlands.


Spätantike (260 - 496 n. Chr.)

Glasierter Krug aus dem Donauraum, frühes 5. Jahrhundert. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Das späte 3. bis 5. Jahrhundert ist durch mehrere Grabfunde aus dem Gebiet zwischen dem Hoschket und Frauenweiler belegt. Als herausragendes Stück ist ein glasierter Krug zu nennen, der aus dem Donauraum stammt und den Hunnenzügen zugeordnet werden kann.


Mittelalter (496 - 1500)

Man darf davon ausgehen, dass noch im 1. Drittel des 6. Jahrhunderts die Siedlung "Wezzinloch" an der Kreuzung der Fernstraßen Speyer-Wimpfen bzw. Durlach-Ladenburg gegründet wurde. Diese Siedlung ist jedoch nicht mit dem heutigen Wiesloch identisch, sondern befand sich zwei Kilometer westlich im heutigen Wohngebiet Hoschket ("Wiesloch 1"). Der zugehörige Friedhof konnte anfangs des 20. Jahrhunderts im Gewann "Eichelweg" ausgegraben werden und lieferte viele qualitätvolle Funde.

Kamm um 650 nach Christus. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Die erste urkundliche Erwähnung von Wiesloch, damals "Wezzinloch" genannt, geschah im Jahr 801. Man findet sie in einer Schenkungsurkunde vom 12. September 801 an das Kloster Lorsch. "Loch/Loh" bedeutet Wald, "Wezzin" ist der besitzanzeigende Genitiv zum germanischen Personennamen Wizzo - "Wezzinloch" bzw. Wiesloch ist also mit "Wald des Wizzo" zu übersetzen. Aus dem stattlichen Umfang der Schenkungen aus den Jahren 801, 804 und 838 geht hervor, dass Wiesloch im frühen 9. Jahrhundert bereits eine größere Ortschaft gewesen sein muss.

Schenkungsurkunde von 801. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Ab dem späteren 9. Jahrhundert bestand in Wiesloch eine große Töpferei, die ihre Erzeugnisse überregional in fast ganz Südwestdeutschland verhandelte. Etwa gleichzeitig wurde der Blei-Silberbergbau wieder aufgenommen und nach der Mitte des 10. Jahrhunderts stark intensiviert. Auf über drei Quadratkilometern Ausdehnung baute man über 200 Jahre lang silberhaltige Bleierze oberflächennah ab. Eine Silberausbeute von über 100 Tonnen darf vermutet werden. Zumindest in der Hauptbetriebsphase im 11. Jahrhunderts müssen die Wieslocher Bergwerke eine der wichtigsten im "heiligen römischen Reich deutscher Nation" gewesen sein und dürften wesentlich zur Finanzierung der Domneubauten in Speyer und Worms beigetragen haben.

Siedlungszusammenhänge; Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Schon im Jahr 965 erteilte Kaiser Otto der Große der Abtei Lorsch ein Marktprivileg für Wiesloch, die älteste Marktrechtsverleihung in Nordbaden. Dies bezeugt die damalige zentralörtliche Bedeutung. Jedoch ist dies auch in bergbaulichen Zusammenhang zu sehen, denn die mit ihren Familien sicherlich einige 100 Personen umfassenden Berg- und Hüttenleute mussten ja versorgt werden. Diese lebten jedoch in einer weiteren Siedlung südlich des Ortsbaches (Bereich Tuchbleiche/Kegelbahnweg; "Wiesloch 2"). Noch vor der Jahrtausendwende gab man die Siedlung "Wiesloch 1" komplett auf, und auch das Marktrecht scheint an das Königtum zurückgefallen zu sein, da es erst 1065 dem Kloster Lorsch erneut verliehen wurde.

Grabung in der Wieslocher Stadtkirche im Jahr 2001. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Das älteste belegbare Gebäude im heutigen Wiesloch ist die um 1061/1071 geweihte, aber wohl schon um 1030 begonnene Kirche, die jetzige evangelische Stadtkirche. Archäologische Grabungen ergaben überraschenderweise, dass sie schon fast die Ausdehnung der heutigen Kirche hatte und der noch heute stehende Turm bis in über 20 m Höhe aus dem 11. Jahrhundert stammt.

Als König Heinrich IV. von seinem berühmten Gang nach Canossa zurückkehrte, traf er im August 1077 bei Wiesloch über 100 Gegner an, die sich in der dortigen Kirche verschanzten. Bei den Kampfhandlungen brannten sowohl das Gotteshaus wie auch die Siedlung am Leimbach ab.

Ältestes Siegel von Wiesloch, aus dem Jahr 1299. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Zum Jahr 1165 wird bekannt, dass der Wieslocher Markt wieder zur königlichen Kammer gehört und die Wormser Münzer dort die Wechselrechte wahrnehmen dürfen. Ab dem frühen 13. Jahrhundert gehört Wiesloch zur Kurpfalz mit der Residenz in Heidelberg.

Wegen zwei Stadtbränden in Heidelberg 1276 und 1288 nahmen die Pfalzgrafen zeitweise in Wiesloch Residenz und scheinen damals die Stadtrechte verliehen zu haben: Im Jahr 1265 wird Wiesloch noch als Dorf bezeichnet, 1288 in einer Urkunde von Pfalzgraf Ludwig des Strengen jedoch als Stadt (civitas und oppidum). Eine Stadtmauer wurde erbaut, ein Gemeinderat eingerichtet und Wiesloch erhielt das Recht der Siegelführung.

Blidenkugel aus dem Schlossbereich, um 1300. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

1301 belagerte König Albrecht Wiesloch mit einem großen Heer und ließ die Stadt so lange mit Wurfgeschützen (Bliden) beschießen bis sie sich ergab. Große Zerstörungen aus dieser Zeit finden sich noch heute bei fast allen archäologischen Grabungen im Ortskern. Die teilzerstörte Burg war 1313 schon restauriert, die Stadt wurde jedoch erst um 1350/1360 wieder ummauert. 1349 vernichtete ein Progrom die gesamte Jüdische Gemeinde.

Sauermillichhaffe mit Stadtmauer aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.

Frühe Neuzeit (1500 - 1750)

Im 15. und 16. Jahrhundert herrschte eine ruhige Phase, die für die Bewohner eine relative Wohlhabenheit hervorbrachte. Die Mainzer Stiftsfehde mit der Schlacht von Seckenheim 1462 berührte die Stadt nur gering. Auch der Bauernkrieg von 1525 streifte Wiesloch nur; es wurde, vielleicht als Racheakt, um diese Zeit eine östlich vor den Toren der Stadt liegende Schmiede verbrannt.

1577 hatte die Stadt etwa 1360 Einwohner. Wiesloch war ein kleines kurpfälzisches Unteramtsstädtchen mit den üblichen Problemen im Verhältnis zu der Obrigkeit. Die Bürger behaupteten zum Beispiel, dass sie dem Kurfürsten ausser für das Schloss keinerlei Frondienst schuldig wären. Ständige Streitereien zwischen dem kurpfälzischen Oberamt in Heidelberg, dem von der Kurpfalz eingesetzten Schultheiß und dem Wieslocher Gemeinderat waren die Folge.

Wiesloch auf einem um 1619 entstandenen Stich von Merian. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Die Katastrophe kam im 17. Jahrhundert: Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648) verursachte wegen Truppendurchzügen, Epidemien und Hunger einen großen Bevölkerungsverlust, der in Wiesloch bei deutlich über 50% gelegen haben muss. Berichte der Zeit um 1650 bezeugen jedoch, dass die Gebäudeschäden relativ gering waren.

Zwei Gefechte gab es auf Wieslocher Gemarkung: Im April 1622 zwischen Tilly und Mansfeld und im August 1632 zwischen Schwedischen Truppen unter Marschall Horn und kaiserlichen Truppen unter General Montecuculi.

Holzschnitt Schlacht bei Wiesloch 1632. Foto: Dr. Ludwig Hildebrandt

Der eigentliche Schicksalsschlag aber sollte erst noch folgen: Am 28. Januar 1689 wurde Wiesloch im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen heimgesucht und wie die gesamte Kurpfalz fast völlig niedergebrannt. Als einzige Gebäude blieben der Freihof, die evangelische Kirche und der Turm des Schlosses übrig. 1697 sollen sich nur noch 265 Personen in Wiesloch aufgehalten haben.

Der Wiederaufbau war mühsam und dauerte zwei Generationen. Man sieht dies an der Bevölkerungsentwicklung (1727: 978 Einwohner; 1777: 1373 Einwohner; 1785: 1554 Einwohner) und an der Ärmlichkeit der im frühen 18. Jahrhundert erbauten Gebäude.

Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde den Wieslochern der Wohnraum innerhalb der Überreste der mittelalterlichen Stadtmauer zu eng. Die stark gewachsene Bevölkerung machte es notwendig, dass man auch außerhalb der traditionellen Stadtgrenzen Wohnhäuser erbaute. So entstand gen Westen die Wieslocher Vorstadt.

1803, nach der Zerschlagung der Kurpfalz, wurde die Stadt dem Großherzogtum Baden zugeschlagen und Sitz eines Bezirksamtes.



Alle Texte und Fotos: Dr. Ludwig H. Hildebrandt; Wiesloch.
Vielen herzlichen Dank!

 
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Alte Bilder

Historische Ansicht von Wiesloch, mit Kirchtürmen und Bäumen.
Ansicht, Lithografie.

Blick in die Hauptstraße
Hauptstraße

Kaiserliches Postamt, Hauptstraße, vor 1890
Hauptstraße, vor 1890.

Untere Hauptstraße 1910

Untere Hauptstraße mit vielen parkenden Autos
Untere Hauptstraße 1950/60er

Gebäude mit historischer Straßenbahn davor, 1901 aufgenommen.
Heidelberger Straße, 1901.

Alter Stadtbahnhof mit Menschen, die an den Gleisen warten.
Stadtbahnhof, 1901.

Sammlung Lamerdin

Ölgemälde mit Pferden und Link zur Seite Sammlung Lamerdin
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