Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Einklang mit der Natur

Die schlimmen Hochwasser der letzten Jahre gingen nicht von den großen Flüssen aus, sondern von kleinen, unscheinbaren Gewässern.
Viele erinnern sich noch an das dramatische Hochwasser, das im Juli 1969 Rauenberg und den Raum Wiesloch heimsuchte. Weitere, schwere Unwetter mit Hochwasser folgten und wieder traf es in einem unerwarteten Ausmaß den Kraichgau mit seinen Bächen Leimbach, Waldangelbach, Tairnbach, Gauangelbach, Maisbach, Krebsbach und Ochsenbach. Diese einschneidenden Ereignisse veranlassten den Abwasserverband Leimbach-Angelbach (jetzt Abwasser- und Hochwasserschutzverband Wiesloch), im Jahr 2004, zu den Aufgaben der Abwasserentsorgung und -reinigung, die Aufgabe des Hochwasserschutzes zu übernehmen. Mit Hochwasserrückhaltebecken (HRB) versucht der Mensch, die Hochwassergefahren in den Griff zu bekommen.
Nacheinander sind seit 2007 zusätzlich zum HRB Mühlhausen die Hochwasserrückhaltebecken in Dielheim-Baiertal, Hohenhardter Hof, Dielheim-Unterhof, Gauangelloch, Maisbachtal, Ochsenbachtal, Schatthausen und Horrenberg gebaut und umgebaut (HRB Mühlhausen) worden. Mit der Fertigstellung des 10ten und letzten HRBs in Wiesloch hat der AHW nunmehr das Hochwasserschutzprogramm in Bezug auf den Bau von HRBs abgeschlossen. Zur Vervollständigung des Hochwasserschutzprogramms stehen in den kommenden Jahren lediglich noch 4 Gewässerausbauten am Leimbach, in Wiesloch, Dielheim und Horrenberg zur Realisierung an.

Beim Bau des HRB Wiesloch galt es zu beachten, dass das geplante Hochwasserrückhaltebecken mitten durch ein Naturschutzgebiet führt. Das neuentstandene HRB liegt direkt an der L612 zwischen Altwiesloch und Dielheim. Es hat ein Einstauvolumen von 53.500 m³, das im Notfall das Wasser aufstaut. Bei sinkenden Pegelständen kann das Wasser dann langsam und reguliert wieder seinen natürlichen Weg durch das Bachbett nehmen. Aus Platzgründen ergab sich eine bauliche Besonderheit in Wiesloch gegenüber den übrigen Hochwasserrückhaltebecken im Verbandsgebiet. Es wurde ein rein mechanisches Wehr mit integriertem Schwimmer eingebaut, der sobald das Wasser ansteigt und das Stauziel erreicht ist, „aufschwimmt“ und das Wehr stromlos öffnet, sodass die Wassermengen im Falle der Entlastung direkt unter dem Wehr durchströmen können. Das heißt, der Damm wird nicht von den Wassermengen überströmt.
Wie an allen Hochwasserrückhaltebecken sollen flussbauliche Maßnahmen einen wirksamen Hochwasserschutz für Menschen und Stadt sicherstellen. Der Leimbach wird in seinem Bachbett gehalten und ist nicht nur Lebensader der Natur mit vielfältigen Lebensbedingungen für Fische, Kleinlebewesen und Wasserpflanzen sondern bringt auch den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und den angrenzenden Gemeinden Sicherheit und eine Aufwertung entlang des Bachufers. Der Radweg führt weiterhin durch das Naturschutzgebiet, entlang es Baches.
Der zeitliche Rahmen des Baus wurde folgendermaßen abgesteckt: Im Januar 2020 wurde die Maßnahme in einer Infoveranstaltung mit Öffentlichkeitsbeteiligung vorgestellt. Die Dauer des wasserrechtlichen Verfahrens für das Hochwasserrückhaltebecken betrug ca. zwei Jahre, die Prüfung der Umweltverträglichkeit erfolgte, bis im Jahr 2022 nach der Räumung der Kleingärten mit dem Bau begonnen werden konnte. Die Fertigstellung und Abnahme erfolgte schließlich im März 2025.

Der finanzielle Aufwand für den Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Wiesloch liegt bei rund 6,2 Mio. Euro inklusive der Ausgleichsmaßnahmen, wobei das Land Baden-Württemberg davon 70 Prozent (4,27 Mio. €) trägt.
Mit Fertigstellung des HRB Wiesloch ist im gesamten Verbandsgebiet nunmehr ein Schutz gegen ein hundertjähriges Hochwasser gewährleistet. In die Berechnung wurde ein Klimaänderungsfaktor von 15 Prozent wegen der Erderwärmung eingearbeitet. Jetzt, nach Fertigstellung aller HRBs wird eine Masse von über 1 Million Kubikmeter Niederschlagswasser gepuffert. Das kommt im Oberen Leimbachtal und im Waldangelbachtal schnell zusammen. Die Schwierigkeit bestand auch darin, innerhalb der dichtbesiedelten Landschaft Freiflächen für derartige Vorhaben zu finden. Insgesamt umfasst das Einzugsgebiet des Leimbach Oberlaufs eine Fläche von 59 Quadratkilometer. Den massiven Erdbewegungen sieht man nicht an, dass umfangreiche hydraulische Modellversuche und Szenarien des Instituts für Wasserwirtschaft der Universität Karlsruhe den Baumaßnahmen vorausgegangen waren. Niederschlagsprofile, 100-jähriges Hochwasser sowie Klimafaktoren sind mit in die computergestützten Auswertungen eingeflossen.
Trotz vieler Geschädigter seit den großen Hochwasserereignissen gab es nicht nur Befürworter der Hochwasserschutzprojekte. Der AHW musste bei der Bevölkerung vor und während der Bauarbeiten viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten. Insgesamt wurden im Rahmen des Hochwasserschutzprogramms des AHW bisher rund 40 Mio. Euro für den Bau von Hochwasserrückhaltebecken und Gewässerausbauten investiert. Das Land Baden-Württemberg hat sich daran mit Zuwendungen in Höhe von rund 70 % (rund 27 Mio. €) beteiligt. Die restlichen 30 % (rund 13 Mio. €) wurden von den 5 Mitgliedsgemeinden Wiesloch, Dielheim, Rauenberg, Mühlhausen und Leimen übernommen.
Die Hochwassergefahr können wir zwar auch morgen nicht bannen, doch die Schäden eines Hochwasserereignisses lassen sich begrenzen durch eine ganzheitliche und gemeinsame Vorsorge. Wir sind auf einem guten Weg: mit klugem Flächenmanagement und der weitergehenden Hochwasservorsorge wie auch dem technischen Hochwasserschutz.
Die Erfolge in der kurzen Zeit nach Fertigstellung der Hochwasserrückhaltebecken beweisen das.
Alles was den AHW sonst noch bewegt, wie aktuelle Projekte auf der Kläranlage oder Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz sind auf der website www.ahw-wiesloch.de zu finden. Seit 1.4.2025 in neuem Look. Hier gibt es viele Tipps für die Bürger, Jobangebote, Hinweise zu aktuellen Veranstaltungen. Links zur Wasser- und Abwasserwirtschaft und vieles mehr. Es lohnt sich vorbeizuschauen und einen virtuellen Rundgang über die Kläranlage zu machen oder sich inspirieren zu lassen, völlig geruchsneutral aber barrierefrei.
Presseinfo des AHW von Juli 2025.